Diplom Theologin Eva-Maria Schmitz
Gedanken zum Credo
Credo – ich glaube – ich glaube an Gott. Gott ist heute wieder Thema. In Dortmund gab es in der „City-Kirche“ das Projekt „Mein Gott“. Viele Menschen wurden nach ihrer persönlichen Meinung gefragt – nach ihrem Glauben. Das Interesse der Fragenden war zu sammeln – Gedanken und Erfahrungen der Menschen. Es ging bewusst nicht um Aufklärung über das Christentum, nicht darum, Menschen zu sagen, was sie glauben sollen. Viele, auch nicht kirchliche, Menschen haben sich beteiligt. Ein ähnliches Projekt gab es von der Zeitschrift „Publik Forum": Die Leser wurden aufgefordert, ihr eigenes Credo zu formulieren. Die Resonanz war überraschend groß. Weit über 100000 Menschen haben mitgemacht.
Gott ist Thema und auch der Glaube an Gott. Und zwar der pesönliche Glaube jedes einzelnen. Viele Menschen waren bereit, von ihrem ganz persönlichen Glauben zu erählen. Sie haben ihren Glauben durchbuchstabiert. Die Bekenntnisse sind so verschieden, wie die Menschen auch unterschiedlich sind. Es gibt so viele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt. Jede und jeder geht da den eignene Weg. Gott hat nicht den Norm-Menschen geschaffen, sondern unverwechselbare Einzelexemplare. Und Gott liebt jeden Einzelnen. Gottes Liebe ist das Angebot an uns. Jede und jeder hat die Freiheit, dieses Angebot anzunhmen oder abzulehen: Wie können auch Nein sagen. Als mündige Christen sind wir herausgefordert, und damit auseinader zu setzen. Gott nimmt uns und unsere Entscheidungen ernst. Aber auch wenn wir „Ja“ sagen, heißt das nicht, dass wir fertig sind mit dem Glauben. Christsein bedeutet nicht, mit dem Glauben fertig zu sein. Der Glaube ändert sich, wie auch wir uns ändern um Laufe unseres Lebens. In persönlichen Krisenzeiten ist meist die Auseinadersezung mit dem Glauben, mit Gott, besonders intensiv. Aber auch sonst bin ich als Gegenüber zu Gott immer wieder neu gefordert. Nicht passive „Ja“-Sager, sondern der ganze Mensch ist gefordert. Jede und jeder einzelne mit seinen ganz persönlichen Erfahrungen. Der Zweifel ist der Bruder des Glauben, gehört unbedingt dazu. Eine lebendige Auseinadersetzung mit dem Glauben fordert geradezu dazu heraus, an diesem und jedem zu zweifeln. Jedes ernsthafte Gespräch, ein Buch oder ein Ereignis kann mich wieder erneut zweifeln lassen.
Auch die Zebedäus-Söhne, von denen wir im Evangelium gehört haben (Mk 10,35–45), hatten sicher ihre Zweifel. Zweifel darüber, was ihnen die Nachfolge überhaubt noch einbringt. Und so versuchten sie, noch irgend etwas für sich heraus zu schlagen. Wenigstens am Ende einen guten Platz. Jesu Antwort: „Nicht streben nach Macht, sondern Dienen ist angesagt“, weist sie zurecht. Damit ist nicht gemeinst, ständig devot zu sein und alles anzunehmen, sondern ganz konkret: Dienst am Nächsten. Keiner kann einen besonderen Platz beanspruchen. Jeder einzelne ist für und vor Gott wichtig, so wie der Glaube jedes einzelnen wichtig ist. Gemeinsam mit anderen spreche ich im Gottesdienst das Glaubensbekenntnis. Ich stelle mich in die Glaubensgemeinschaft hinein. Mein Glaube und mein Zweifel wird dann von den anderen mitgetragen. Glaubensgemeinschaft heißt: Andere tragen mich mit.
Das apostolische und das Nizäno-Konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis der Liturgie sind sehr alt. Das kleine – bzw. das apostolische – Glaubensbekenntnis ist eine einfache erzählende Zusammenfassung der Glaubenswahrheiten, die schon den ersten Christen wichtig waren. Entstanden ist es aus dem Taufbekenntnis. Schon früh war es dreigliedrig: Vater Sohn und heiliger Geist wurden genannt und bekannt. Das große Glaubensbekenntnis – das Nicänum – ist ebenfalls dreigliedrig. Es entstand auf den ersten Konzilien in Auseindersetzung um die richtige Lehre. Glaubensbekenntnisse sind unser Erbe von den ersten Christen. Über Jahrtausende wurden sie weiter überliefert. Es gab aber auch Streit um sie. Das Schisma zwischen Ost- und Westkirche beruht auch auf dem Streit um das Glaubensbekenntnis – neben politischen Fragen, die wir nicht unterschätzen sollten. Stets ging es um den Glauben.
Die Formulierungen der Glaubensbekenntnisse sind vertraut, vielleicht sogar zu vertraut. Jörg Zink hat beschrieben, was er beim Sprechen des alten Credos denkt1:
„Wenn wir so in einer Gemeinde stehen, und wir miteinader das apostolische Glaubensbekenntnis sprechen, was geschieht dann in den Menschen rechts und links in den Kirchenbänken? Was drücken sie damit aus? Manche unter ihnen sprechen es willig mit, weil es zu den erwührdigen Schätzen unserer Kirche gehört. Manche sprechen es, weil es sie nun durch ein langes Leben begleitet hat, und weil sie ohne darüber nachzudenken, warum, empfinden, es gehöre zu einem vollständigen Gottesdienst. Andere sind gespalten. Sie bejahen den einen Satz, etwa den vom Schöpfer des Himmels und der Erde, und wissen mit dem anderen, etwa dem von der Jungfrauengeburt, nichts anzufangen. Wieder andere suchen, ihren Ärger darüber, dass sie fortwährend an etwas gebunden sein sollen, das ihnen fremd ist, sich nicht anmerken zu lassen und überstehen die Zeit, während sie es mitsprechen, mit innerer und äußerer Disziplin. Und noch einmal andere sagen sich in der Stille, dass, wenn dies das Verbindene unter den Christen sei, und das, was die Kirche ausmache, sie wohl außerhalb ihrer Grenzen stünden. Und dieses Stille oder laute Weggehen und Abschiednehmen währt nun schon an die 100 Jahre.“Ja, es ist an der Zeit, das wir uns dieses Erbe neu aneignen. Wie Jörg Zink, bin ich auch der Ansicht, dass das apostolische Credo keinesfalls überholt ist. Aber wir sagte schon Goethe: „Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen.“ Wie kann das gehen? In Auseindersetzung mit unserem persönlichen Glauben! Im Formulieren eigener Bekenntnise zum Beispiel, wird mir deutlich, was mir wichtig ist, wo mein derzeitiger Schwerpunkt liegt. Und dann kann ich das, was da einst formuliert wurde, um was die Kirchenväter gerungen haben, wieder besser schätzen. Ausgangspunkt ist und bleibt Gott, der Vater, der Sohn und der heilige Geist.
- Was kann der Vater für mich sein?
Lieben oder unverständlich?
Fern oder nah?
Persönliches Gegenüber, das ich mit Du anreden kann, oder eine Macht, ein Urgrund, ... - Der Sohn, Jesus Christus – er zeigt uns, wie wir unseren Glauben leben können, gibt uns Orientierung. Er hat alles Schwere mit uns geteilt, hat unser Menschsein mit uns geteilt.
- Der heilige Geist ermöglicht uns, Gott zu verstehen. Er stiftet Gemeinschaft, ist das was dazwischen wirkt: Zwischen Mensch und Mensch und zwischen Mensch und Gott.
1 J. Zink, Was ich beim Sprechen des alten Credos denke, in: H. Pawlowski (Hg.), Mein Credo, Band 2, März 2000 Publik Forum
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